Unser Mramoraker Friedhof (Bilderbogen)
"Dem Fünften"

Gedanken zur fünften Generation - Pfarre Stehle


Mit viel Einsicht und Demut haben die Alten, im Rückblick auf die Geschichte der Ansiedler, gesagt:
"Dem Ersten der Tod! Dem Zweiten die Not! Dem Dritten das Brot!"

Und im Mramoraker Bildband hat unser verstorbener Landsmann, Erhard Baumung, diese Gedanken fortgeführt mit der Überschrift "Dem Vierten?".

Und ich darf, als ein Nachkomme, der 1942 geboren und durch die Zeit des Neids, der Falschheit, des Mordens und Vertreibung gegangen ist - und eine neue Heimat fand - versuchen weiter zu denken: Dem Fünften eine neue Heimat!

Schrecklich war es für unsere Mramoraker, am Ende des 2.Weltkrieges in ihrem eigenen Dorf ghettoiesiert zu werden. Nicht einmal zum Gottesdienst in ihre nahegelegene Kirche durften sie, obwohl Pfarrer Lang die Glocken läutete und die Orgel spielte.
Nicht einmal ihre Toten durften sie auf den deutschen Friedhof begleiten, um sie dort zu begraben!

Ihre Häuser standen einsam und die Speisekammern waren noch voll, aber sie durften nicht hin, um sich etwas zu holen.
Und dann wurden sie in Viehwaggons aus dem Dorf über Land nach Rudolfsgnad in das Konzentrationslager gebracht, das für unsere Landsleute die Namen "Hungerslager", "Vernichtungslager", bekam.

Aber die Zeit kam! Und die Zeit ging! Viele sind aus dem Lager geflohen, um in Österreich Zuflucht zu finden. Andere wurden Ende 1947 aus dem Lager in das Land Titos verteilt, zur Zwangsarbeit.
Und als sie sich etwas erspart hatten, konnten sie sich "freikaufen", um nach Deutschland auszuwandern.

Doch diese "fünfte Generation" fand eine neue Heimat - im Land ihrer Ahnen - und sie bauten sich ein neues Leben auf.

So können wir sagen: "Dem Fünften eine neue Heimat!"

Und wie geht es nun weiter? - Es geht weiter in der VERSÖHNUNG!

Mit dem heutigen Serbien finden Gespräche statt. Viele Besuche wurden von den Mramorakern in ihrer alten Heimat gemacht. Und wir durften auch Besuch aus Serbien empfangen, nicht zuletzt die Volksloregruppe aus Mramorak. Und in Marmaorak ist ein Freundschaftsverein entstanden, der den Kontakt zu den Deutschen im Land und im Ausland pflegen will.

Die Errichtung eines Denkmals für 108 zu Unrecht erschossene Mramoraker in Bawanischta war eine erstes großes Versöhnungszeichen. - Die Reinigung des Mramoraker Friedhofs und die Errichtung einer Kapelle wäre ein zweiter großer Schritt auf dem Weg zur Vesöhnung.

So könnte es dann am Schluß heißen: Den Sechsten Versöhnung!
(Pfarrer i.R. Jakob Stehle, Mramoraker Kind)
4.August 2008
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