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Ansprache von Pfarrer Stehle auf der Teletschka in Rudolfsgnad
Sonntag 9. Sept. 2007
Unsere Totengedenkfeier in Rudolfsgnad
Vorbemerkung
Am Sonntag, 9.9.2007, fuhren wir nach Rudolfsgnad, das heute den Namen "Knicanin" trägt. Man schätzt, daß hier, im größten Massenvernichtungslager für die Donauschwaben um die 23.000 Menschen ums Leben gekommen sind.
Wir starteten am Sonntagmorgen nach dem Frühstück und fuhren über Apfeldorf (heute Jabuka) in Richtung Norden. An einer Kreuzung sahen wir das Schild "Kacarewo" (früher Franzfeld). Wir bogen jedoch links in Richtung Titel ab. Nach Perles sahen wir über die Weiten der Felder schon das Dorf Rudolfsgnad. Kurz vor der großen Brücke über die Theiss bogen wir links ab und fuhren in die Senke ins Dorf hinein. Es war sehr still geworden in unserem Bus, waren doch die meisten Reiseteilnehmer ehemals in Rudolfsgnad gewesen.
Im Ort trafen wir Herrn Baron, ein Rudolfsgnader, der vor dem Krieg zu den Reichsten der Ortschaft gehörte und sich in den letzten Jahren für die Errichtung der Gedenkstätte auf der Teletschka und auf dem ehemaligen deutschen Friedhof eingesetzt hat.
Auf der Teletschka angekommen, bildeten wir einen Halbkreis vor dem Denkmal. Hier feierten nun unsere Landsleute mit ihrem Pfarrer, Jakob Stehle, einen Gottesdienst (es war ja auch Sonntag!).
Die Aussegnung der Toten
Nach dem biblischen Eingangswort führte er zunächst eine "Aussegnung" der Verstorbenen durch:
"Wir stehen hier auf einem großen Totenacker - auf der Teletschka - in Rudolfsgnad. Tausende donauschwäbische Landsleute fanden hier den Tod - auch Leute aus unserer Heimatortschaft Mramorak. Wir gedenken ihrer in liebender Erinnerung und wir wissen sie alle in Gottes Hand. Jesus Christus wird sie auferwecken an seinem Tage. Er sei ihnen gnädig in seinem Gericht und nehme sie auf in sein ewiges Reich. Amen
Danach sangen wir das Lied "Jesu geh voran, auf der Lebensbahn."
Als Predigttext diente uns der Text aus dem 1.Korintherbrief, das Kapitel 15 - Auferstehung der Toten:
"So auch die Auferstehung der Toten - Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich; es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit; es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft; es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistlichen Leib."
Wer an unsere Toten auf diesem Totenfeld gedenkt, der denkt an geschundene, abgemagerte und ausgezehrte Körper; er denkt an Krankheit und Verwesung; an Knochen, die hier liegen. Was wird mit dem "Pilgerkleid" der Vielen? Was geschieht mit den Personen, die darin lebten? Gibt es Hoffnung für ein neues Leben? Und welche? Und wenn es die Auferstehung gibt, mit welchem Leib werden sie auferstehen?
Fragen, die schon zur Zeit des Apostels Paulus gestellt wurden. Und der Apostel warnt davor, daß wir nicht "närrisch" denken, d.h. "gottlos", sondern auf das Zeugnis der Heiligen Schrift achten. Da ist das Samenkorn. Es wird in die Erde gelegt und stirbt. Doch aus dem Sterben kommt das neue Leben, der Halm und danach die Ähre mit der Frucht.
In seiner Predigt erinnerte der Pfarrer an die Leidensgeschichte der Donauschwaben, die mit dem Wort "Bawanischta" angefangen hat und dann über das Lager in Mramorak ging bis hin nach Rußland oder an die Front - und eben hierher nach Rudolfsgnad. Die Teletschka wurde zum Inbegriff einer menschenverachtenden Politik und der brutalen Vernichtung von Menschenleben. Für die Toten gab es keine Begräbnisstätte mehr im Rudolfsgnader Friedhof. In Massengräbern wurden sie verscharrt. Es gab keine Traueransprache und kein Trost aus dem Wort Gottes für die Angehörigen. Ja, sie durften ihre Toten nicht einmal auf ihrem letzten Weg begleiten.
Doch als Christen dürfen wir über den Tod und seine Macht hinausschauen - vorwärts auf den Tag der Auferstehung. "Gott aber gibt ihm einen Leib, wie ER will, einem jeden Samen seinen eigenen Leib!" - Und so werden auch unsere Toten ihren neuen Leib bekommen. Nicht der Tod, sondern das Leben ist Gottes letztes und gültiges Wort über uns Menschen. Darauf vertrauen wir.
Als Schlußlied sangen wir "So nimm denn meine Hände und führe mich". Mit dem Vaterunser und dem Segen beschlossen wir diesen Gottesdienst.
Danach besuchten wir noch den Rudolfsgnader Friedhof, die Kapelle dort und auch das Denkmal, das dort in Erinnerung an die beiden Massengräber, die zuerst ausgehoben wurden, errichtet ist. Zusammen sangen wir dann noch den Kanon „Dona nobis pacem“ (Herr, gib uns Frieden!)
Nachdenklich stiegen wir in unseren Bus und fuhren nach Titel, wo wir zu Mittag aßen.
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