Martinskirche EVANGELISCHE GLAUBENSTHEMEN - KIRCHENTELLINSFURT
Pfarrer Jakob Stehle



Zurück
AUF EIN WORT

Solidarität ist gefragt

In der Tat, in einer Welt, die immer mehr zusammenwächst, ist Solidarität aller Bewohner dieser Erde gefragt. Insofern war es schon ein historisches Ereignis, dass die G-8-Gruppe der Industriestaaten in den vergangenen Tagen (Nov.2003) in Kanada ein neues Verhältnis zu Afrika geknüpft haben: Es soll "Hilfe zur Selbsthilfe" sein.

Dieser Slogan ist zwar nicht neu, neu aber ist der Inhalt: Mit Afrika wird ein Solidaritätsvertrag geknüpft, der beide Seiten fordert. Einige der Wünsche der afrikanischen Staaten wurden nicht erfüllt, so z.B. freier Handel in die Industrieländer. Nun kann man darüber streiten. Das jedoch zu beurteilen, bilde ich mir nicht ein. Hier müssen Experten das Wort sprechen, die mehr vom internationalen Handel verstehen als ich. Ich auf jeden Fall freue mich, dass Afrika einen Partner haben soll, der sich solidarisch mit den Menschen in Afrika weiß.

Solidarismus ist ja ein sozialphilosophisches System, "das individualistische, sozialistische und universalistische Gedankengänge verbindet" (so lesen wir im Lexikon). Dabei wird die Freiheit des Individuums und das Privateigentum anerkannt. Gefordert wird aber vom einzelnen Rücksicht auf das Wohl des sozialen Ganzen und tätige Hilfeleistung, auch unter persönlichen Opfern.

Ich selber habe den Eindruck, daß ein Großteil unserer Bevölkerung nur den ersten Teil anerkennt, wo aber von eigenen Opfern geredet wird, da verschließt man die Ohren.

Um im Beispiel von Afrika zu reden: Es gibt viele Gruppen, die immer wieder Solidarität mit den Armen fordern, wenn es um Staatsleistungen geht. Es wäre eine echte Nagelprobe, würden die G-8-Staaten jetzt eine "Solidaritätssteuer für Afrika" erheben, sagen wir einmal 1% des Bruttoeinkommens jeder Bürgerin und jedes Bürgers. Ich befürchte, dass ein Aufschrei durch die Bevölkerung ginge wegen solch einer "Belastung".

Aber wie auch immer: Das Solidaritätsprinzip ist z.B. Grundbestandteil der kirchlichen Soziallehre und versucht nicht nur das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft zu regeln, sondern spricht dabei eigentlich vom Kern des christlichen Glaubens: Gott ist total solidarisch mit dieser Welt. Wir glauben, dass er alles eingesetzt hat, um uns zu helfen - bis hin zu seinem Sohn, Jesus Christus.

Wie sieht es nun aber mit unserer Solidarität zu dieser weltumfassenden Liebe Gottes aus? Dabei frage ich nicht nur, ob Du und ich es glauben, sondern vielmehr, ob Du und ich, die wir glauben, Gottes weltumfassenden Liebe gegenüber solidarisch sind.

Vor einigen Tagen wurde in den evangelischen Kirchen über eine "Solidaritätsbitte" des Apostels Paulus gepredigt: "Im übrigen, Brüder, betet für uns, damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird - wie bei euch. Betet auch darum, dass wir von den bösen und schlechten Menschen gerettet werden: denn nicht alle nehmen den Glauben an." (2.Thessalonicher, 3,1-2). In einer kleinen Arbeitsgruppe beim Tübinger Pfarrkonvent in Löwenstein sprachen wir darüber. Es hat mich tief berührt, von den Geschwistern zu hören, wie es ihnen gut tut zu wissen, dass Menschen an sie denken und sie sympathisch und solidarisch begleiten.

Wie wäre es, würden wir, Glieder einer Kirche, einmal darüber nachdenken und neben unserer Solidarität der Finanzen auch diese Solidarität den Menschen erzeigen, die die gute Botschaft Gottes von seiner Solidarität mit uns in Christus, hinaustragen unter die Menschen.

Jakob Stehle
Pfarrer in Kirchentellinsfurt







Zurück