EVANGELISCHE GLAUBENSTHEMEN - KIRCHENTELLINSFURT
Pfarrer Jakob Stehle

AUF EIN WORT

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Thailändische Polizisten ordnen am Montag auf der von der Flutkatastrophe betroffenen Insel Phi Phi gefundene Pässe und Kreditkarten den Herkunftsländern ihrer Besitzer zu. Deutsche Sicherheitskreise gehen einem Bericht der "Welt" zufolge von 3200 vermissten Deutschen in Südasien aus. (Foto: Kin Cheung)

HERR, ERBARME DICH!


Gedanken zur Flutkatastrophe in Südostasien

Das neue Jahr ist nun schon drei Tage alt und doch bin ich noch ganz gefangen von den schrecklichen Dingen, die zum Jahresende in Südasien geschehen sind: das Seebeben und die furchtbare Flut. Man kann sich die über 150.000 Toten gar nicht vorstellen - und es sind die Einzelschicksale, die uns zu Herzen gehen.

Wir erleben aber auch in unseren Tagen etwas, was beinahe einmalig ist: Dass die ganze Weltgemeinschaft sich als betroffen sieht und von überall her Hilfe den Menschen dort zukommt. Natürlich kann keine Hilfe die Toten lebendig machen; aber die weltweite Solidarität kann den Hinterbliebenen Hilfe zu einem neuen Lebensbeginn geben.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen allen ergangen ist. Ich war in den letzten Tagen wie gelähmt und dachte an diejenigen, die auf der Kanzel stehen und sich den Fragen in den vielen Augen der Gottesdienstbesucher stellen mussten.
In einem Gottesdienst sprach der Kollege vom "Tohu-Wa-Bohu" (in der Schöpfungsgeschichte am Anfang; es heißt soviel wie "wüst und leer" - manche übersetzen "wüst und wirr"), dem Chaos, das die Schöpfung Gottes bedroht. Zwar wurde es zurückgedrängt durch Gottes Schöpfungswort, aber immer wieder erhebt es sein Haupt. Der Kollege meinte: Vielleicht ist Gott immer noch im Schöpfungswerk und drängt das Böse zurück.

Erschreckend mussten wir Menschen feststellen, dass unsere Erde kein Paradies ist (auch wenn Tausende dort an den Stränden in ihrem Urlaub dachten, sie wären im Paradies!). Und wir mussten feststellen, dass das Wunder der Schöpfung das ist, dass uns das "Tohu-Wa-Bohu" nicht ständig einholt. Wenn Gott nicht seine Hand über diese Erde hielte, dann wäre es schon lange aus mit uns.

Warum Gott die Katastrophe in Südasien zuließ - wer kann darauf eine Antwort geben?

Wir aber haben keinerlei Grund hier Unterschiede zu machen, zwischen denen, die umgekommen sind und uns, die wir verschont blieben. Jesus warnt uns vor so einer Einstellung: "Oder meint ihr, dass die achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und erschlug sie, schuldiger gewesen sind als alle anderen Menschen, die in Jerusalem wohnen? - Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen!" (Lukas 13,4-5).

Im Blick auf die Umgekommenen erging es mir wie damals bei den Ereignissen in New York: Menschen, die plötzlich aus dem Leben gerissen wurden; die vorher keine Vorkehrungen treffen konnten; die nichts regeln konnten; die wohl mit keinem Gedanken an ihr nahes Lebensende dachten. - Wie oft aber haben wir das schon in unseren Familien und Gemeinden erlebt! In Südasien jedoch ist es eine Zahl, die uns total erschlägt.

Bei all dem jedoch können wir Christen nicht so tun, als hätten wir keinen Gott! Wir brauchen Gott auch nicht in Schutz nehmen! Wir dürfen sagen: "Wir haben keine Antwort!" .
Aber etwas haben wir: Wir glauben, dass Gott diese Welt in seiner Hand hält und dass nichts an ihm vorübergeht. Und wir glauben, dass Gott den trauernden Angehörigen beistehen will, um ihnen neuen Lebensmut zu geben. Und wir können solidarisch sein im Geben und im Gebet.

Ach, Ihr Lieben, es ist wirklich so, wie Martin Luther einst an seinem Ende sagte: Wir sind Bettler, das ist wahr! - Auch Bettler in unserem Verständnis der Wege Gottes mit uns Menschen. Wir können nur immer wieder neu rufen und beten: Herr, erbarme Dich!

Seid mir bitte nicht böse, dass ich Euch / Ihnen diesen Brief schreibe. Ich musste es einfach tun, um mit Euch / Ihnen Gedanken auszutauschen. Vielleicht, dass Ihr / Sie etwas erfahren habt/haben, das auch mir im Verständnis helfen kann.

Eigentlich wollte Ich Ihnen / Euch mitteilen, dass ich mit einem Jahresprogramm begonnen habe: Jahresbegleiter Bibel für das Jahr 2005. Wer sich interessiert, der kann sich ja einmal einklicken. Unten steht der Link "Jahresbegleiter".

Gerade jetzt, wo wir so ohne Antwort sind, ist es gut, das Wort Gottes zu lesen. Es zeigt uns ein realistisches Bild dieser Welt und unserer Erde. Es will uns zu einem neu überdachten Leben (Buße) rufen und uns sagen: Gott ist da, trotz aller Katastrophen. Die Weihnachtsbotschaft von der Liebe Gottes zu uns Menschen in der Menschwerdung Christi ist nicht aufgehoben! Gerade jetzt gilt sie für uns alle.

Danke für Eure / Ihre Freundschaft - und nachträglich allen noch ein friedvolles und gesundes Neues Jahr, vor allem aber Gottes Segen.

Ihr Jakob Stehle, Pfarrer i.R.

Jahresbegleiter Bibel 2005






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