Kirchenalbum - Stehle - Home

Beschreibung - Kruzifix - Kirchentellinsfurt


(Text von Dr.Peter Maier; Jubiläumsbuch - Seite 156)
Es ist zweifellos der ehrwürdigste Schmuck unserer Kirche, und es wurde anlässlich der Reformation des Ortes ausdrücklich in der Kirche belassen. Es ist in spätgotischer Zeit entstanden; Genaueres ist unbekannt.

Das Corpus misst ca. 130 cm in der Höhe und ca. 120 cm in der Breite, ist aus Lindenholz geschnitzt und lebendig bemalt (Inkarnat). Der Lendenschurz ist teilweise mit Gold ausgelegt.

Anläßlich der Restaurierung des Corpus 1955 stellte man fest, dass die Arme des Gekreuzigten durch eine breite Nut am Oberarmansatz beweglich sind (Abb.2, W.Eberle)

Damit gehört dieser Gekreuzigte zu den relativ seltenen Schnitzwerken der Spätgotik, an dem die Karfreitagsliturgie bildlich nachvollzogen werden konnte, wie aus verschiedenen liturgischen Quellen der Zeit hervorgeht, u.a. auch aus der Stiftungsurkunde der Allerheiligen- (Stifts-, Schloß-)kirche in Wittenberg von 1517, die Luthers Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, besonders reich ausstatten ließ.

Am Karfreitag wurde demnach, nach der Anbetung des Kreuzes (adoratio crucis) durch Entfernen der Nägel an Arm und Beinen sowie durch Anlegen der beweglichen Arme, eine bildhafte Kreuzabnahme vollzogen. Anschließend wurde der Körper mit Tüchern umwickelt und in einem Heiligen Grab (hier wohl aus Holz; in großen Kirchen, wie etwa der Reutlinger Marienkirche, aus Stein) symbolisch bestattet (depositio crucis). Mancherorts wurde auch eine Hostie mitbestattet (depositio hostiae). In der Osternacht fand dann die Zeremonie mit der Erhebung (Wiederanbringung) des siegreich Auferstandenen (elevatio crucis) ihren Abschluß.

Solche spätgotischen Kruzifixe mit beweglichen Armen gibt es in der weiteren Umgebung u.a. in den katholischen Kirchen von Altheim (Landkreis Freudenstadt) und Oberndorf (Landkreis Tübingen).

Zurück