[Katechismus]
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Person: Johann Franck: Liedpredigt


Liedpredigt zu dem Lied von Johann Franck: Jesu, meine Freude

Von: Pfr. Wanner

Joh 16, 22-23

Liebe Gemeinde, liebe Freunde!

 

"Das erste, was die Schrift über die Freude sagt, lässt sich zusammenfassen in dem Liedanfang: "Jesu, meine Freude...". Das ist der Grundton der biblischen Verkündigung. Gott will uns durch Jesus Christus froh machen. Er will uns nicht bedrücken, uns nicht Probleme aufgeben, er will uns nicht vor unlösbare Aufgaben stellen, sondern er will, dass wir uns an Jesus Christus und an seiner Herrschaft freuen... Das gehört wieder zu den einfachsten Dingen, die wir über den schwierigen gern vergessen, dass wir uns an Jesus Christus freuen lernen wie die Kinder." Mit diesen Worten begann Dietrich Bonhoeffer eine Bibelarbeit über die Freude.

 

Um deutlich zu machen, was Freude eigentlich ist, bezog sich Bonhoeffer auf den Choral "Jesu, meine Freude" von Johann Franck. Auch Johann Sebastian Bach war von der starken Aussagekraft dieses Chorals fasziniert. Als er von einem hohen Beamten den Auftrag erhielt, für die Beerdigung seiner Frau eine Motette zu schreiben, legte Bach seiner Motette diesen Choral zugrunde und verband die einzelnen Strophen des Kirchenliedes mit Bibelzitaten aus dem achten Kapitel des Römerbriefes. Mit vielfältigen musikalischen Ausdrucksmitteln unterstrich Bach dann in seiner Motette die biblische Botschaft von der Freude.

 

Ich möchte in meiner Predigt nun gerne an den einzelnen Strophen, die wir gehört haben, entlang gehen.

 

1. Strophe: Jesu, meine Freude

 

"Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, meine Zier: ach wie lang, ach lange ist dem Herzen bange und verlangt nach dir! Gottes Lamm, mein Bräutigam, außer dir soll mir auf Erden nichts sonst Liebers werden."

 

Freude ist nie grundlos. Sie ist immer an bestimmte Menschen oder bestimmte Ereignisse gebunden. Es gibt Freude, die durch das Zusammensein mit bestimmten Leuten entsteht, die mir Freude machen. Wir freuen uns über besondere Ereignisse: über ein Geschenk, einen Erfolg oder ein gutes Essen. Es gibt Freude, die von Stimmungen abhängig ist. Und es gibt auch eine Art Freude, die durch Alkohol oder andere Rauschmittel künstlich herbeigeführt werden kann.

 

Die Freuden, die wir kennen, sind gewöhnlich von kurzer Dauer und sehr vergänglich. Menschen, die mich erfreuen, kann ich nicht zu jeder Zeit um mich haben. Ereignisse, die mich erfreuen, wechseln oft schnell mit anderen Ereignissen, die mir die Freude rauben. Das menschliche Freudenbarometer schwankt oft hin und her zwischen "himmelhoch jauchzend" und "zu Tode betrübt". Es gibt genug Menschen, die alle Freude am Leben verloren haben und in Schwermut oder Depressionen versunken sind.

 

Es müsste eine Freude geben, die unabhängig von Menschen und Ereignissen ist. Es müsste eine Freude geben, die mich dauerhaft als Grundstimmung meines Lebens begleitet.

 

Und genau diese Freude gibt es tatsächlich. Es ist die Freude, die mit Jesus verbunden ist: "Jesu, meine Freude."

 

Diese Freude ist stärker als alles, was mir die Freude nehmen kann, weil Jesus stärker ist als alle Menschen, Mächte und Ereignisse, die mir begegnen. Diese Freude ist unabhängig von allem, was mir die Freude nehmen kann, weil sie an Jesus gebunden ist und den kann mir niemand nehmen.

 

Johann Franck vergleicht die Beziehung zu Jesus mit einer Ehe. "Gottes Lamm, mein Bräutigam, außer dir soll mir auf Erden nichts sonst Liebers werden." Die Liebe von Jesus muss mich erfassen. Auf ihn muss ich mich einlassen und die Beziehung zu Jesus muss in meinem Leben an erster Stelle stehen, dann kehrt bleibende Freude ein.

 

Noch einmal Bonhoeffer: "Ohne die Freude an dem menschgewordenen und auferstandenen Sohn Gottes geraten wir ins Murren, in den Widerspruch, in die Traurigkeit. Wie finden wir aber solche Freude? Allein durch den festen Glauben: Jesus lebt! Wenn es wirklich wahr ist, dass Jesus lebt, dass er sich uns bezeugt und uns führt und hilft, wie sollten wir dann nicht ebenso froh werden wie die Jünger, als sie ihn am Ostermorgen sahen (Joh.20,20)?"

 

"Jesu, meine Freude," mit dieser grundlegenden Feststellung beginnt die Motette von Johann Sebastian Bach.

 

In den weiteren Choralstrophen wird nun die Besonderheit und Unabhängigkeit der Freude ausgemalt, die in der Nähe Jesu zu finden ist.

 

2. Strophe: Jesu, meine Freude - auch in Not

 

"Unter deinem Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei. Lass den Satan wettern, lass die Welt erzittern, mir steht Jesus bei. Ob es jetzt gleicht kracht und blitzt, ob gleich Sünd und Hölle schrecken, Jesus will mich decken."

Die großen inneren Nöte, in die Menschen im Laufe ihres Lebens kommen können, werden im Bild vom Unwetter dargestellt. "Ob es jetzt gleich kracht und blitzt."

 

Die gefährlichsten Gewitterwolken, die am Himmel des Lebens aufziehen, sind die dunklen Wolken des Zornes Gottes. Gott ist zornig über unsere Sünde. Durch die vielen Taten, die Gott nicht gefallen, haben wir unser Leben verwirkt und den Tod verdient.

 

Aber nun kam Jesus und zog den ganzen Zorn Gottes auf sich. Im Gebirge habe ich einmal ein Gipfelkreuz entdeckt, an dessen Spitze ein Blitzableiter angebracht worden war. Genau das ist es. Jesus starb am Kreuz stellvertretend für meine Schuld. Sein Kreuz wurde für mich zum Blitzableiter für den Zorn Gottes über meinem Leben. In seiner Nähe bin ich sicher.

 

Johann Sebastian Bach verbindet mit der zweiten Strophe des Chorals das Bibelwort: "So gibt es nun nichts Verdammliches für die, die in Christus Jesus sind, die nicht nach dem Fleische wandeln, sondern nach dem Geist" (Rö.8,1). Das Wörtlein "nichts" wird dabei musikalisch besonders hervorgehoben und dreimal wiederholt: "Nichts, nichts, nichts Verdammliches!" Dann wird die ganze Verworrenheit des Fleisches, das Leben in der Anfechtung, dargestellt. Eine chromatische Tonführung zieht sich durch alle Stimmlagen hindurch. Ein Christ kennt zwar diese inneren Anfechtungen noch, aber er muss ihnen nicht erliegen.

 

Wenn ich durch Jesus im Frieden mit Gott lebe, kann kommen, was will. Ich darf wissen: Die Blitze, die am Horizont zucken, werden nicht bei mir einschlagen. Der Donner, der grollt, kann mich nicht mehr erschrecken. Der Zorn Gottes über meinem Leben ist abgewendet. Ich bin in der Nähe Jesu wie in einem festen Haus. In den Stürmen, Wolkenbrüchen und Gewittern meines Lebens schau ich fröhlich aus dem Fenster nach draußen.

 

3. Strophe: Jesu, meine Freude - auch in Angst

 

"Trotz dem alten Drachen, Trotz dem Todesrachen, Trotz der Furcht dazu! Tobe, Welt, und springe; ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh. Gottes Macht hält mich in acht, Erd und Abgrund muss verstummen, ob sie noch so brummen."

 

Wer mit Jesus lebt, merkt schnell, dass es nicht nur widrige Lebensumstände oder innere Anfechtungen gibt, die zu schaffen machen. Er sieht vielmehr hinter der vordergründigen Kulisse der Ereignisse noch eine tiefere Dimension. Er sieht, dass auch finstere teuflische Mächte ihr Unwesen treiben und Menschen von Jesus abbringen und ins Verderben stürzen wollen. Wie ein gefährlicher Drachen sperren diese Mächte ihren Rachen auf, um alles zu verschlingen, was ihnen in den Weg kommt.

 

Ich habe den Eindruck, dass der Glaube in der heutigen Zeit ganz besonders von diesen Mächten bedroht und angefochten wird. Diese Mächte säen Zweifel, fesseln die Gedanken und ziehen von Gott weg.

 

Johann Sebastian Bach kommt in der Darstellung dieser Mächte zum musikalischen Höhepunkt seiner Motette. Der Einbruch der dämonischen Mächte droht die Choralmelodie zu zerreißen. Alle Ausdrucksmittel, z.B. eine Basskoloratur, werden aufgefahren, um die Sphäre des Widersachers deutlich zu machen. Der Glaube schleudert den dämonischen Mächten sein "Trotzdem" entgegen. Wir könnten geradezu vom "Glaubenstrotz" sprechen. Die wilde Energie der dunklen Mächte endet in: "Ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh". Alle Stimme kommen in tragenden hohen Tönen zur Ruhe. Eine heitere Gelassenheit wird so zum Ausdruck gebracht, während im Hintergrund noch das "Brummen" in der Ferne zu hören ist: "Ob sie noch so brummen."

 

Die Angst wird überwunden durch eine sichere innere Ruhe. Der innere Frieden gründet sich auf die Gewissheit, auf der Seite des Stärkeren zu stehen: "Gottes Macht hält mich in acht."

"Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein" (Rö.8,31). Wie ein Boxkämpfer, hinter dessen Rücken ich mich verstecken kann, wehrt Jesus alle Angriffe, die kommen, ab. Ich stehe da und kann vergnügt singen, während er für mich kämpft.

 

4. Strophe: Jesu, meine Freude - auch im Tod

 

"Weg mit allen Schätzen; du bist mein Ergötzen, Jesu, meine Lust. Weg, ihr eitlen Ehren, ich mag euch nicht hören, bleibt mir unbewusst! Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod soll mich, ob ich viel muss leiden, nicht von Jesus scheiden."

 

"Jesu, meine Freude!" - Diese Erkenntnis wächst im Laufe des Lebens immer mehr. Schätze und eilte Ehren, die Freuden dieser Welt haben ihre Faszination verloren. Weg damit! Die Freude, die bei Jesus zu finden ist, ist mehr wert als alles andere.

 

Die Beziehung zu Jesus ist am Ende das, was bleiben wird. Die Freude, die mit ihm verbunden ist, ist das, was bleiben wird: "Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn" (Rö.8, 38f).

 

Ich darf sogar sicher sein: Die größte Freude kommt ja noch. Wenn ich nach meinem Tod bei Jesus in der Herrlichkeit sein werde, wird ein Leben beginnen, das mit einer Festfreude ohne Ende verbunden sein wird. Was für eine Freude, wenn ich weiß, dass ich dort dabeisein darf.

An diesem Tag des Wiedersehens mit Jesus wird die große Freude auch darin bestehen, dass auf alle Fragen, die mich jetzt umtreiben, eine Antwort da sein wird. Jesus sagt: "Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. An dem Tag werdet ihr mich nichts fragen" (Joh 16,22-23).

 

Karl Barth hat die Konsequenzen dieser herrlichen Hoffnung einmal so beschrieben: "Wer die Osterbotschaft (von der Auferstehung) gehört hat, der kann nicht mehr mit tragischem Gesicht umherlaufen und die humorlose Existenz eines Menschen führen, der keine Hoffnung hat."

 

6. Strophe (5. Str. wurde ausgelassen): Jesu, meine Freude - auch in Trauer

 

"Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein. Denen, die Gott lieben, muss auch ihr Betrüben lauter Freude sein. Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst du auch im Leide, Jesu, meine Freude."

 

In Trauer und Kummer vergraben sitzt einer da. Der Tod hat ihm einen Menschen genommen, der ihm lieb und wert war. Die "Trauergeister" haben ihn ganz gefangen genommen. Den Tränen lässt er freien Lauf.

Aber plötzlich erhebt er für einen Augenblick den Kopf. Durch den Schleier der Tränen wird noch verschwommen, aber dann immer klarer eine Gestalt sichtbar. Auf einmal kommt trotz aller Trauer wieder Freude auf: "Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein.

Es ist kaum zu beschreiben, aber selbst in so einer Situation wächst nun die Erkenntnis: Ich bin immer noch geliebt. "Und ich weiß, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen" (Rö.8,28). Ich verstehe das, was geschehen ist, überhaupt nicht. Aber ich weiß, dass Gott keinen Fehler macht und dass das alles dazu dient, mich ein Stück weiterzubringen auf dem Weg zum Ziel meines Lebens. Am Ende hat über allem, selbst im Leide, die Freude gesiegt: "Jesu, meine Freude".

 

In jeder Strophe des Chorals wird durch eine besondere Melodieführung das Interesse auf Jesus gelenkt:

"Jesu, meine Zier", "mir steht Jesus bei", "Jesu, meine Lust" und: "Jesus tritt herein". Am Ende steht wie am Anfang wieder das Thema im Raum: "Jesu, meine Freude." Diese Aussage bildet die Klammer des ganzen Chorals und der ganzen Motette. Sie soll auch in meinem Leben die entscheidende Klammer bilden: "Jesu, meine Freude".

 

Amen

(Aus: Evangelische Brüdergemeinde Korntal)

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