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Predigt zur Einweihung (Pfarrer Stehle)
Am Samstag, 5.6.2010 in Mramorak
Votum:
Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Vorspruch:
So spricht der Herr:
Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen.
Eingangswort/Grußwort:
Liebe Mramoraker Landsleute, liebe Dorfbewohner hier in Mramorak, verehrte Gäste!
Über der Tür der deutschen evangelischen Kirche in Mramorak stand in einem großen Bogen der Anfang des Psalms 46, Vers 2: "GOTT IST UNSERE ZUVERSICHT UND STÄRKE" .
Geblieben ist durch die schrecklichen Ereignisse des 2.Weltkrieges nicht mehr viel von der deutschen Bevölkerung (um die 3.000), die hier von der Ansiedlung im Jahre 1820 bis 1945 gelebt haben - gerade mal das ehemalige alte Pfarrhaus und ein kleiner Teil der deutschen Schule - und bis vor wenigen Tagen ein verwüsteter und öder Friedhof. Unsere Kirche steht auch nicht mehr!
Aber: Geblieben ist von unserer deutschen evangelischen Kirche die Botschaft:
GOTT IST DIE LIEBE
Sie steht heute über dieser kleinen Friedhofkapelle!
Diese Botschaft ist nicht "Geschichte" sondern sie "wirkt in die Geschichte" von uns Menschen - bis heute und bis Gott sein Reich aufrichten wird in Christus Jesus.
So soll heute - anlässlich der Einweihung dieser Kapelle - auch diese Botschaft im Mittelpunkt stehen:
Die Predigtansprache:
Der Text: (1.Johannes 4,16):
"Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat:
Gott ist Liebe;und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm."
Liebe Gemeinde!
I. Der Krieg und seine Folgen - Widerspruch zur Liebe Gottes?
Vieles in unserem Leben scheint dieser frohen Botschaft der Bibel zu widersprechen:
- Da sind Krieg und Einkerkerungen, Hunger und Leiden: Beim Rückzug der Deutschen begann 1944 das "Leiden der deutschen Bevölkerung von Mramorak": Um die deutsche Kirche und das deutsche Schulhaus wurde ein Ghetto eingerichtet, wo die zurückgebliebenen deutschen Mramoraker eingepfercht wurden.
- Bald durften auch die Toten nicht mehr unter dem Gebet des Pfarrers Johannes Lang beigesetzt werden. Der "Gottesacker" aber nahm sie auf.
- Danach, Ende 1945, wurden sie nach Rudolfsgnad verschleppt und kamen in das Hungers- und Todeslager.
Schmerzen und Krankheiten, Verachtung und Hunger dezimierten die Menschen dort. Viele kamen um und wurden in Massengräbern verscharrt.
Dass auch dieser Friedhof geschändet wurde, ist schmerzhaft: so wurden noch vorhandene Grabsteine als Steineinsatz für den Straßenbau in Mramorak, ja einige sogar für den Fußboden in Schweineställen verwendet. (vg.Bildband,S.35)
Karl Kendel,jun. schreibt dazu: "Wir selber aber, die Überlebenden dieser Tragödie, dürfen deswegen auf gar keinen Fall Haß gegenüber einem anderen Volk in unseren Herzen aufkommen lassen, vielmehr sollen die geschilderten Ereignisse uns nur verdeutlichen, zu was Menschen fähig sind, wenn sie sich durch Rachsucht, Habgier, Neid und mancherlei Verblendungen in die Irre führen lassen." (Bildband, S.36, oben).
Und traurig schrieb er weiter: "Niemals, so wie die Dinge heute liegen, wird an den Stätten des Grauens unserer Toten je ein Denkmal gesetzt werden. Um so mehr stehen wir in der Pflicht, ein Denkmal für sie in unseren Herzen zu tragen, denn man kann zwar die Gräber und die Gebeine unserer Toten schänden, aber nicht unser ehrendes Andenken an sie zerstören."
So verstehe ich jenen Mann, der voller Verzweiflung auf die Frage, ob er an Gott glaube, aufschrie: Nein, und gleich zweimal nicht, daß er die Liebe ist!
Und ich verstehe jenen Landsmann, der sagte: Ich verzeihe denen dort in Mramorak alles, aber nicht, daß sie unseren Friedhof zerstört haben.
Ich selber, als einer, der als kleines Kind durch dieses Vernichtungslager ging, verstehe alle die Leidenden - auch wenn ich nicht diese Aussagen nachsprechen kann und will, denn die Geschichte ging weiter:
II. Nach der Vertreibung der Neuanfang - Zeichen der Liebe Gottes
Aber die frohe Botschaft von der Liebe Gottes machte sich auch offenbar in unserem Leben in der neuen Heimat:
Trotz aller Not und Plage ging für uns ein Licht auf, als einige aus dem Lager Rudolfsgnad fliehen konnten oder andere sich die Freiheit in die westliche Welt freikauften.
Wir Donauschwaben gingen zwar weiter durch viele Lager in Österreich oder Deutschland, aber dann halfen uns die Behörden, irgendwo eine Wohnung und Arbeit zu finden.
Und bald begannen die ersten sich Häuser zu bauen, die Jugendlichen gingen zur Schule, sie lernten ihre Ehepartner kennen und gründeten Familien.
Aber vor allem kam es bald nach der Vertreibung in der neuen Heimat zu Landsmannschafts-Treffen - so auch für uns Mramoraker.
1956 fand ein erstes informelles Kirchweihtreffen der vertriebenen Mramoraker in Kornwestheim statt, 1957 in Vaihingen; von 1958-1962 in Fellbach und seit 1963 in Ludwigsburg (in der Garnisonskirche).
Erstmals konnte unser letzter Pfarrer, Johannes Lang, am 9.November 1957 in Vaihingen wieder vor seiner Gemeinde predigen.
Am 1.Oktober 1977 konnten die Mramoraker in der neuen Heimat ihr 25.Kirchweihtreffen abhalten.
Die deutsche Gemeinde in Mramorak hatte zwei Friedhöfe:
Nach dem der alte Friedhof zu klein geworden war, legte man einen neuen Friedhof an. Wir stehen auf diesem heute. Der alte Friedhof wurde zu einem Park umgewandelt, der heute noch genutzt werden kann.
Dieser Friedhof, auf dem wir jetzt stehen, hatte eine Mauer mit einem wunderbaren Eingangstor, auf dem stand "Gottesacker". Eine Kastanienallee war angelegt, die Schatten bot für die Friedhofbesucher.
Das Anliegen unseres Landsmannes aber wird heute nun erfüllt: Wir durften auf dem Gottesacker diese Kapelle als Zeichen der Erinnerung an die Toten und als Versöhnung für die Lebenden errichten.
So erfüllte sich auch die Verheißung Gottes - seine Liebe - wie sie uns mit dem alten Spruch in unserer Kirche mitgegeben wurde: Gott ist die Liebe!
III. Versöhnung zwischen Gott und den Menschen - Sieg der Liebe Gottes
Liebe Gemeinde,
so steht diese Frohe Botschaft, daß Gott Liebe ist, in unserem Leben in den schweren und in den frohen Tagen.
Aber es sind nicht die Dinge äußerlicher Art hier und jetzt in unserem Leben, die letztgültig dieses Bibelwort bestätigen. Nein, es ist Gottes Erlösungstat in seinem Sohn Jesus Christus.
Und so gilt nicht umsonst jener Vers aus dem Johannes-Evangelium als "Goldener Vers der Bibel", wo uns gesagt wird:
"Also hat Gott die Welt geliebt,
daß er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben." (Joh.3,16)
In Christus Jesus hat sich Gott unser erbarmt; unser, die wir, wie die ganze Welt, von ihm abgefallen sind; uns, die wir wie die ganze Welt in allen Dingen zu kurz kommen. Die Bibel nennt dies "Sünde".
Es ist diese Sünde, die uns von Gott trennt und auch von unserem Nächsten. Johannes zeichnet diese Sünde in der "Lieblosigkeit" und im "Haß untereinander". Er zeigt auf, daß diese Trennung von Gott ewiger Tod bedeutet.
Doch Jesus hat für uns am Kreuz das Lösegeld bezahlt; nun sieht Gott nicht uns und unsere Sünde an sondern ihn, den einzig Gerechten unter den Menschen. Wer an Christus glaubt, der darf wissen, daß Gott ihn als "Gerecht-Gesprochenen" ansieht.
Und nun darf er die Liebe, die er empfangen hat, weitergeben: an seine Angehörigen, an seine Kinder und Kindeskinder, an den Nächsten.
Aus der Gnade, die er empfangen hat, darf er gnädig sein.
Und wenn es doch einmal anders ist, so darf er um Vergebung bitten und um Reinigung und einen neuen Anfang, immer wieder neu!
Das, Ihr Lieben, ist die Botschaft von der Liebe Gottes.
Wer in dieser Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Und wo Gott ist, da hat auch der Tod und die Hölle ihre Macht verloren.
So hat Gott es gezeigt in der Auferweckung seines Sohnes vom Tode. Dieser hat nun die Macht über Sünde und Hölle und über den Tod. Er wird die Seinen heraus reissen an seinem Tag und sie aufnehmen in sein Reich.
Das glauben Christen - das leben Christen - das hoffen Christen!
Amen
Themenlied:
"Gott ist die Liebe, lässt mich erlösen, Gott ist die Liebe, er liebt auch mich.
(Anmerkung: Dieses Lied wurde sehr gerne im Lager Rudolfsgnad gesungen!)
Segenswort:
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir seinen Frieden. Amen
Weiter: Einweihungsliturgie
E-Mail: pfarrer-stehle@arcor.de
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